Von der Evangelischen Superintendentur Mähren und Schlesien der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich zu der Schlesischen Evangelischen Kirche A.B.
Geschichte bis 1918 Die Reformation fand ihren Weg nach Oberschlesien über die Städte Niederschlesiens. In der Mitte des 16. Jahrhunderts nahm Herzog Wenzel III. Adam von Teschen den evangelischen Glauben an und führte ihn in seinem Gebiet ein. Jedoch kehrte sein Sohn, Adam Wenzel, in das römisch-katholische Lager zurück. So begann die Zeit der Rekatholisierung. Diese Zeit ist mit der Tätigkeit des „slawischen Luthers“, Jiří Třanovský (1592–1637), verbunden. Als evangelischer Pfarrer und Lehrer musste er während des Dreißigjährigen Krieges in der Slowakei Zuflucht suchen, wo er 1636 in Sankt Nikolaus in der Liptau das Gesangbuch „Cithara Sanctorum“ herausgab. Die Lieder wurden für viele Quelle des Trostes, als die Kirche nach 1564 die Kirchen verlor. In den Beskidenbergen fanden nun geheime Gottesdienste statt. Erst die Altranstädter Konvention, 1707, die die Unterschriften des schwedischen Königs Karl XII. und des österreichischen Kaisers Josef I. trug, verbesserte die Lage. Es wurde der Bau von sechs „Gnadenkirchen“ erlaubt, eine davon in Teschen (cz: Těšín, pl: Cieszyn). 1742 wurde die Region als Resultat der „Schlesischen Kriege“ zweigeteilt. Es entstand Preußisch-Schlesien und Österreichisch-Schlesien. In Letzterem erhielten die Evangelischen erst 1781 mit dem Toleranzpatent von Kaiser Josef II. größere Anerkennung. Toleranzkirchen konnten gebaut werden und es entstanden neue Kirchengemeinden in Bludowitz (Dolní Bludovice, Błędowice Dolne), Kameral Ellgoth (Komorní Lhotka, Ligotka Kameralna), Bistritz (Bystřice, Bystrzyca) und Nawsi (Návsí, Nawsie). Die Gleichstellung der Evangelischen mit den Katholiken erreichte ihren Höhepunkt 1861, als Kaiser Franz Josef I. das Protestantenpatent unterzeichnete. Diese Zeit war auch in der Kirche eine Zeit der polnischen Emanzipation. Jan Śliwka, Direktor des evangelischen Gymnasiums in Teschen, gab für die evangelischen Schulen polnische Lehrbücher heraus, Pastor Jerzy Heczko aus Kameral Ellgoth redigierte ein neues polnisches Gesangbuch (1865). Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurde die diakonische Tätigkeit wichtig. 1892 eröffnete Superintendent Theodor Haase in Teschen ein Krankenhaus, welches bis heute als „Schlesisches Krankenhaus“ (Szpital Śląski) funktioniert. 1903 wurde in Trzynietz (Třinec, Trzyniec) ein evangelisches Waisenhaus gegründet. Die weitere diakonische Entwicklung wurde mit dem Namen Karol Kulisz (1873–1940) verbunden, der auch Vater der geistigen Erneuerung war. 1906 gründete er die „Christliche Gemeinschaft“ und eröffnete 1913 mit „Betezda“ die erste Einrichtung für die Alte und Behinderte.
Geschichte nach 1918 Der Zerfall von Österreich-Ungarn brachte auch für in die evangelische Kirche im Teschner Land große Veränderungen mit sich. Staatspolitisch wurde das alte Österreichisch-Schlesien von Polen und der Tschechoslowakei beansprucht. Bis heute ist die Stadt Teschen selbst eine geteilte Stadt. Einige Kirchengemeinden schlossen sich der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder an, andere der Deutschen Evangelischen Kirche und noch andere der polnischen evangelischen Kirche mit Sitz in Warschau. Als 1920 ein Teil des Teschner Landes nach internationaler Vermittlung endgültig der Tschechoslowakei zuerkannt wurde, verblieben sechs evangelische Gemeinden, die sich früher der polnischen evangelischen Kirche anschlossen waren, im neuen Staat. Diese Gemeinden bildeten daraufhin eine neue Kirche: die Augsburgische Evangelische Kirche in Ostschlesien. 1938 wurde die Region von der polnischen Armee besetzt. Sämtliche Gemeinden der Augsburgischen Evangelischen Kirche in Ostschlesien lagen nun auf polnischem Territorium. Sie wurden der Schlesischen Diözese der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen angegliedert. Das folgende Jahr wurde daraufhin das ganze Territorium der Schlesischen Diözese an das Deutsche Reich angeschlossen. Die Gemeinden des Teschner Landes wurden dem deutschen Konsistorium in Breslau zugeordnet. Die Mehrheit der Pastoren wurde aus Amt entfernt, viele von ihnen inhaftiert oder sogar hingerichtet. Die Gottesdienste fanden nur in deutscher Sprache statt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg konsolidierte sich das evangelische Leben erneut. Auf die staatliche Anerkennung musste die Kirche bis 1948 warten. Diese ist Senior Józef Berger (1901–1962) zu verdanken. Im Jahre 1950 nannte sich die Kirche um und nahm den Namen Schlesische Evangelische Kirche des Augsburgischen Bekenntnisses an. Gleichzeitig entstanden neue Gemeinden und die Kirche wurde in zwei Seniorate aufgeteilt. Die Zeit der kommunistischen Herrschaft wurde für alle Christen in der Tschechoslowakei eine große Prüfung der Menschlichkeit, Sittlichkeit und des Charakters. Zwischen 1948 und 1989 wurde Pfarrern häufig die staatliche Bewilligung zum Vollzug des geistlichen Dienstes entzogen. Den in der Kirche aktiven jungen Leuten war der Zugang zum Studium an der Universität und den engagierten Kirchenmitarbeitern zu den Leitungspositionen in ihren Anstellungen verwehrt.
Gegenwart Die Wende der religiösen Verhältnisse brachten erst die Ereignisse des Novembers 1989 mit sich. So konnte 1990 die Schlesische Diakonie entstehen, die an die karitativen Projekte von Pastor Karol Kulisz anknüpft. Die „Christliche Gemeinschaft“ nahm ihre Tätigkeit ebenfalls wieder auf. 1998 kam es zur Reorganisation der Kirche. Die heute rund 15.000 Mitglieder, welche von 35 Pastoren und Pastorinnen betreut werden, gehören zu 21 Pfarrgemeinden in fünf Senioraten. Die Gemeindeglieder sind polnisch und tschechisch. Viele von Ihnen sind vom Neupietismus geprägt. Die Schlesische Evangelische Kirche A. B. ist Teil der Familie der im Ökumenischen Rat der Kirchen in der Tschechischen Republik vereinigten christlichen Gemeinschaften. Sie ist Mitglied des Lutherischen Weltbundes, der Konferenz der Europäischen Kirchen, der Gemeinschaft der Evangelischen Kirchen Europas und des Ökumenischen Rates der Kirchen.
Foto: Christliche Carol-Kulik-Konferenz, 2011, der Schlesischen Evangelischen Kirche A.B. (Archiv SCEAV)
* 1915 Steinau (Stonava), Österr.- Schlesien
+ 1989 Havirov, Tschechoslowakei
Vladislav Santarius gehört zu den wichtigsten Figuren des tschechoslowakischen Protestantismus in der Zeit der kommunistischen Diktatur. Er hat auf entscheidende Art die Gestalt der evangelischen Kirche im Teschener Schlesien beeinflusst.
Vladislav Santarius wird am 12. November 1915 in Steinau, Österreichisch-Schlesien (cz: Stonava, pl: Stonawa) als fünftes von sechs Kindern einer Bergmannsfamilie geboren, welche ihn auch religiös, im Sinne der Erweckung prägt. Nach Besuch der polnischen Grundschule legt er das Abitur im tschechischen Gymnasium in Teschen (Český Těšín ) ab. 1937 fängt er an evangelische Theologie zu studieren, zuerst in Pressburg (Bratislava), dann in Warschau und nachfolgend in Prag, bis zur Schließung aller tschechischen Universitäten, 1939. Er verweigert den Eintrag in die „Volksliste“ und bekennt sich zu der polnischen Nationalität. Er muss daraufhin viele Nachteile ertragen. Er wird zur Zwangsarbeit nach Deutschland geschickt. Bis zum Ende des Krieges arbeitet er als Arbeiter im Kohlebergbau. Er hilft russischen Kriegsgefangenen. 1940 heiratet er Vanda, geb. Bubiková. 1945 wird ihr Sohn Česlav geboren, der später seinem Vater nacheifern wird. Nach dem Krieg schließt Vladislav Santarius das Studium der Theologie in Pressburg ab. Er arbeitet zuerst außerhalb der Kirche, als Korrektor einer Buchdruckerei im tschechischen Teschen. Am 1. März 1948 – fünf Tage nach dem kommunistischen Putsch - tritt er die Stelle des zweiten Pfarrers in Komorní Lhotka an. Er übernimmt dazu die Leitung der evangelischen Sozialeinrichtungen Betezda - Sarepta. Hier wirkt er bis 1957, als die Einrichtungen verstaatlicht werden. Er schafft die grundlegende Sanierung und eine zeitgemäße Ausstattung. In der Gemeinde beginnt er eine allseitige Seelsorgearbeit und führt die Gemeindeglieder zur Bekehrung und zum geistlichen Wachstum. Leere Traditionskirchlichkeit ist ihm fremd. Im Dezember 1950 wird er als Pastor der neu gegründeten Gemeinde in Třanovice installiert. Es ist eine Zeit in der die verfasste Kirche, die evangelikalen Gruppen und der staatliche Atheismus aufeinander prallen. In Auseinandersetzungen ist er zielgerichtet, manchmal auch starrköpfig. Er beruft Laien als Mitarbeiter und bildete sie aus, um in Teamarbeit alle Generation anzusprechen. Aus der Gemeindearbeit, die er bis zu seinem Tode liebt, wird er von dem totalitären Regime dreimal abgerufen: 1953, 1959, und letztlich in 1975 in der Zeit der sogenannten „Normalisation“. Es ist die Missionserweckungsbewegung - geleitet von Vladislav Santarius - die prägend für das Leben der Kirche in Zeiten der kommunistischen Diktatur ist. Es werden systematisch Evangelisationen durchgeführt, mit dem Ziel alle Generationen ins Leben der Kirche einzubeziehen. Illegale Treffen für Gemeindegruppen finden statt. Die Gemeinden in denen diese Bewegung wirkt, sind lebendig; die Frömmigkeit dort hat einen authentischen Charakter. Sein ganzes aktives Leben aber muss Vladislav Santarius sich mit der Denunziation der anderen, mit dem Unverständnis der Kirche und mit dem Widerstand der Staatsmacht auseinandersetzen. Er erlebt die Religionsfreiheit nicht. Er stirbt am 5. Juni 1989, sechs Monate vor dem Sturz des Kommunismus in der Tschechoslowakei. Er hat aber schon vorher die klare Vision der Freiheit, die er prophetisch vorhersagt und seine Mitarbeiter darauf vorbereitet. Eine Reihe von hochqualifizierten Gemeindemitarbeitern wurde von ihm ausgebildet, die sich nach der „Samtenen Revolution“ in der Erneuerung der Kirche und der Schlesischen Diakonie engagieren.
Foto: Vladislav Santarius, SCEAV
Diakonisches- und Schulungszentrum der schlesischen Diakonie
Český Těšín, Dudelska 2096/5a
Vernissage: 14. Oktober 2019 10.45
Innerhalb der Pastoralkonferenz der Pfarrer der Schlesischen Evang. Kirche A. B. und der Mährisch-Schlesischen Seniorats der Kirche der Böhmischen Brüder
Finissage: 6. November 2019
Innerhalb der Konferenz der historischen Gesellschaft "Hereditas" mit Teilnahme einer Delegation der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien unter Leitung von Bischof Reinhart Guib.
Die Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit der Schlesischen Evangelischen Kirche A.B. und dem Deutschen Forum östliches Europa, Potsdam, durchgeführt
Die Stationen Teschen und Prag werden gefördert von:
Foto: Stefan Bichler