Siebenbürgen ist berühmt für seine über 160 Kirchenburgen, deren Entstehungsgeschichte bis weit ins Mittelalter zurückgeht. Damals war die Region ein umkämpftes Grenzgebiet. Die Bewohner reagierten auf Bedrohungen mit der Befestigung ihrer Kirchen durch Wehranlagen, da die Kirchen meistens die einzigen Steingebäude des Dorfers waren. Im Konfliktfall boten die so entstandenen Burgen Flucht- und Schutzräume in den Dörfern. Über Jahrhunderte hinweg wurden die Anlagen aus- und umgebaut. Nachdem sie aus reinen Orten der Gottesanbetung auch Schutzraum für Leib und Leben wurden, stellte sich nach dem Verlust der militärischen Bedeutung, die Frage der Sinnhaftigkeit. Die Gemeinden nutzten nun die unterschiedlichen Türme und Kammern zuerst für Schule oder Kindergarten, dann aber auch für Versammlungsräume für Konfirmanden und Jugendliche, für Frauenvereine, Kirchenchöre oder Posaunenchöre („Adjuvanten“). Nachdem nach der großen Auswanderung Gemeindegruppen rar wurden, wurden diese historischen Bauwerke für den Kulturtourismus geöffnet.
Viele der Kirchenburgen sind bis heute erhalten und bilden eine weltweit einmalige Kirchen-burgenlandschaft, die sich durch eine besondere Dichte und Vielfalt dieser Baudenkmäler auszeichnet. Sie sind die weithin sichtbaren Wahrzeichen vieler Dörfer und der Region insgesamt. Eine ganze Reihe sind Teil des UNESCO-Weltkulturerbes: Birthälm/Biertan, Wurloch/Valea Viilor, Deutsch-Weißkirche/Viscri, Tartlau/Prejmer, Dersch/Dârjiu, Keist/Saschiz, Kelling/Câlnic, sowie die Altstadt von Schäßburg/Sighișoara.
Über Jahrhunderte bilden die Kirchenburgen den unübersehbaren Mittelpunkt des religiösen und kulturellen Lebens der Dorfgemeinschaft. Da aber die evangelische Kirchengemeinde jeweils direkt die Trägerin ihrer mittelalterlichen Kirche oder auch Kirchenburg ist, ist die Erhaltung und Nutzung dieser Bauwerke - nicht nur für die kleinen Gemeinden - eine sie übersteigende Herausforderung. Das Landeskonsistorium hat seit dem Eintritt Rumäniens in die EU die Chance solcher Finanzierung genutzt und in einem ersten groß angelegten Projekt 18 Kirchenburgen renoviert. Gegenwärtig läuft ein zweites Projekt mit 14 Kirchenburgen. Die Durchführung ist eine Zerreisprobe für Pfarrämter und das Landeskonsistorium. Um die Kirchengemeinden in der Erhaltung nicht allein zu lassen, hat das Landeskonsistorium die „Stiftung Kirchenburgen“ ins Leben gerufen. Die Schirmherrschaft der Stiftung haben jeweils der amtierende deutsche Bundespräsident und der rumänische Staats-präsident inne. Sie ist um Mittelbeschaffung, Ausbildung von Fachkräften sowie Durchführung oder Begleitung von größeren und kleineren Projekten – etwa ein Dächerprogramm – bemüht.
Auf lange Sicht können die Bauwerke jedoch nur dann sinnvoll erhalten werden, wenn sie auch genutzt sind. Der Königsweg dazu ist – außer der Gemeindenutzung – der Kulturtourismus. In einer „Kirchenburgensaison“, welche von April bis Oktober dauert öffnen mehr als 50 mittelalterliche Kirchen und Kirchenburgen ihre Tore für Besucher. Die Zahl der Besucher – die Hälfte davon aus dem Ausland – überschritt 2019 die Marke von 800.000. Den Löwenanteil daran hat allerdings die Schwarze Kirche von Kronstadt mit rund 300.000 Besuchern. Es folgen zahlenmäßig Birthälm, Tartlau, Deutsch-Weißkirch, die Bergkirche aus Schäßburg, Bistritz und Michelsberg.
Gräfenburg Kelling
Foto: Stefan Bichler
Samstag, 6. Juni 2020
TROSTBURG
39040 Waidbruck, Burgfriedenstraße 22
09:00 Shutteldienst zur Trostburg
10:00 Eröffnung
10:15 "Kirchenburgen - ein europäisches Phänomen", Daniel Mascher
11:00 "Kirchenburgen in Siebenbürgen", Dr. Konrad Gündisch
11:45 Apéro
12:15 Mittagessen
14:00 "Kirchenburgen - Erhaltung und Nutzung", Dr.Stefan Cosoroaba
14:45 Kaffee
15:15 "Befestigte Kirchen in Südtirol", Baron Carl-Philipp Hohenbühl
16:00 Eröffnung der Ausstellung "Kirchenburgen in Siebenbürgen", Bischof Reinhart Guib (Hermannstadt)
16:30 Beginn Shutteldienst ins Tal
16:30 Möglichkeit einer geführten Besichtigung der Trostburg
Samstag, 7. Juni
EVANGELISCH-LUTHERISCHE CHRISTUSKIRCHE
39100 Bozen, Col di Lana 10
10:00 Gottesdienst Predigt Bischof Reinhart Guib, Liturgie Pfr. Michael Jäger
11:00 Gemeindefest
Foto: Stefan Bichler
Die Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa, dem Südtiroler Burgeninstitut (Samstag) und der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Bozen (Sonntag) durchgeführt.