In Siebenbürgen stand die theologische Richtung, in welche sich die Reformation entwickeln sollte, lange Zeit nicht fest. Die Wittenberger gemäßigte Variante, aber auch die liberalere Schweizer Variante und gar die radikale antitrinitarische Variante hatten ihre Anhänger, und mancheiner wechselte von einer zur anderen. Die Trennung ging nicht nur an der Grenze der Nationen entlang, sondern auch quer durch die Nationen.
Bei den Siebenbürger Sachsen konkurrierte anfangs eine stärker von den Schweizern inspirierte Fraktion um Johannes Honterus (Kronstadt) und eine eher von Wittenberg inspirierte Fraktion um Stadtpfarrer Mathias Ramser (Hermannstadt). Das Augsburger Bekenntnis wurde in diesem Ringen eine gute Richtschnur, um die herum Einigkeit geschaffen werden konnte. Schon zum Augsburger Reichstag 1530 wurde der Kronstäder Stadtrichter Johannes Fuchs entsandt, so dass die Siebenbürger Sachsen "an der Quelle" waren. 1545 wurde dann, in einer ersten Mediascher Synode die Confessio Augustana als richtiger Weg angenommen. Daraufhin, aber nur nach dem Tod des Mathias Ramser, konnte 1547 mit der Schrift "Reformatio Ecclesiarum Saxonicarum in Transylvania" ein Kompromiss gefunden werden. Einige Jahre später, 1552, anerkannte der Siebenbürgische Landtag das Augsburger Bekenntnis als legitime Form der Kirchlicheit. Den Abschluß der Entwicklung brachte das Wirken des bekenntnistreuen Superintendenten Mathias Hebler. 1572 kam eine weitere Synode zu Stande, die Ruhe in die Angelegenheit bringen sollte. Auf dieser Synode wurden die sächsischen Geistlichen formal auf das Augsburger Bekenntnis verpflichtet.
Die Einmütigkeit war für Siebenbürgen als Ganzes jedoch auf Dauer auseinandergebrochen. Es standen nun parallel mehrere "Wahrheiten" - von Bekenntnissen untermauert - im Raum: neben der lutherischen die calvinische und die antitrinitarische, die vor allem der Sakramentslehre wegen unversöhnbar waren. Der freie Fluß der frühen Reformationsjahre hatte sich in formalen Positionen verfestigt
Bild: Historischer Kupferstich, "Vorlesung des Bekenntnisses am Reichstag, 1530"
Ambiguitäten, Widersprüche und plurale Wahrheiten bestimmen unsere heutige Lebenswelt. Auch wenn wir keinen dekonstruktivistischen Postmodernismus verkünden, so stellen wir jedoch fest, dass es bei Überzeugungen oft nicht um absolute Wahrheitsaussagen geht, sondern um eigene Wahrnehmung und um Konstruktion von Wahrheit.
Damit haben es Menschen innerhalb der Kirchen besonders schwer, weil in den Jahrhunderten jeweils e i n e Form der Wahrheit, e i n Bekenntnis bindend war. Zuwiderlaufendes wurde bekämpft und lächerlich gemacht, dann ignoriert.
Besonders im stark zunehmenden interkulturellen Dialog, wo es nicht nurmehr um theoretische Diskussionen geht, sondern um gelebte Wahrheiten und Werte, ist ein Nachdenken über die plurale Wahrheit angebracht. Wie kann ich eine gesunde Lebenseinstellung bewahren, ohne durch die Wiedersprüche in Nihilismus oder Fundamentalismus zu verfallen?
Bild: Symbolbild, Brand der Bistrizer evangelischen Stadtpfarrkiche, 2008
Die berühmte Sankt-Anna-Kirche, in der selbst Luther gepredigt hatte, war sichtlich voll, als Dekanin Dr. Sperber-Hartmann um 17:00 Uhr die Anwesenden begrüßte. Die Siebenbürger Sachsen aus Augsburg hatten es sich nicht nehmen lassen, "ihrem" Bischof die Ehre zu geben. Der predigte dann auch mit Schwung und guter Resonanz, besonders als er feststellte: "Gemeinsam was tun durch Aktionen, durch Zeichensetzung, durchs Gebet tut uns und unserer grenzüber-schreitenden Gemeinschaft gut." Dazu gestaltete Pfarrer Hans Schneider von der "Gemeinschaft" die Liturgie, unterstützt von dem Siebenbürger-Chor. Danach lösste sich die Gottesdienst-gemeinde auf, um sich mit einiger Verzögerung auf dem Gelände der Universität Augsburg zum zentralen Akt der Baumpflanzung wieder zu sammeln. Mit dem letzten Schimmer des Tageslichtes sprach Staatssekretär Johannes Hintersberger ein lobendes Grußwort, in dem er den Siebenbürger Sachsen für den zu pflanzenden Baum, als Symbol der Hoffnung dankte. Er reflektierte sodann: "Die Siebenbürger Sachsen gehen mit großartigem Beispiel voran. Sie haben es auch durch ihren gemeinsamen Glauben geschafft, über die räumliche Distanz hinweg ihre Gemeinschaft zu wahren."
Auch ein erneuter Ortswechsel ließ die Gemeinde nicht schrumpfen. Geschlossen zog man über den Campus in die Räume der ESG. In der Stephanus-Kapelle, in der der nächste Akt stattfinden sollte, mußten noch Stühle dazugestellt werden, um den über hundert Teilnehmern gerecht zu werden. Selbst so mußten einige den Vortrag von Dr. Ulrich A. Wien stehend hören, der über "Augsburg und die Siebenbürger Sachsen" konferierte. Anschließend sprach Dekanin Sperber-Hartmann ein Schluß- und Bischof Guib ein Dankeswort. Es sollte aber noch lange nicht Schluß sein, denn unter der Regie des Kreisgruppenvorsitzenden Helmut Schwarz hatten sich die Siebenbürger mit einem in der Cafete hererichteten Buffet selbst übertroffen. Trotz hoher Anzahl wurde ein jeder satt. Nicht vollständig gesättigt wurde allerdings der Gesprächsbedarf. Man ging mit dem Gefühl auseinander, dass man gerne auch ein nächstes Mal miteinander Geistliches und Weltliches teilen wolle. Die Augsburger Gemeinschaft ist unter Siebenbürgern wegen ihrem gut organisierten und besuchten Kronenfest bekannt. Aber bei dieser Gelegenheit hat sie bewiesen, dass sie nicht nur ein Kronenfest organisieren kann und will. "Sollte noch etwas sein", sagte der Vorsitzende Schwarz, "kommen Sie gleich zu uns: es wird erledigt."
Die Aktion wird von dem Evangelisch-Lutherischen Dekanat Augsburg sowie der Evangelischen Studierendengemeinde mitgetragen und von der Kreisgruppe des Verbandes der Siebenbürger Sachsen mitgestaltet.
Die Stationen des Jahres 2017 werden von dem Freistaat Bayern, durch das Haus des Deutschen Ostens, München, gefördert.
Gemeinschaftliche Pflanzung auf dem Universitätgsgelände Foto: Dekanat Augsburg/Hoffmann